Emoji Marketing: Notwendig oder völlig überbewertet?
Die kleinen gelben Gesichter und Symbole sind Dir wohlbekannt, aber von Emoji Marketing hast Du noch nie etwas gehört? Ich zeige Dir heute anhand zahlreicher Best-Practice-Beispiele und Tipps, wie Du Dein Social Media Marketing mit Emojis aufpeppen und sprachübergreifend Geschichten erzählen kannst. Außerdem: Was sagt eigentlich der Duden zu dem Spektakel?
Emoji Marketing: Wieso? Weshalb? Warum?
Mal ehrlich, in unserer schnelllebigen Zeit können wir uns eine Kommunikation ohne Emojis doch eigentlich gar nicht mehr vorstellen, oder? Warum die Finger wund tippen, wenn auch ein einfacher Spaghetti-Teller oder ein Pizza-Stück ausreicht, um das Gericht des Abends zu bestimmen? Warum lange Reden schwingen, wenn wir mit einem kleinen gelben Gesicht unsere Emotionen in fast allen Variationen per Messenger oder Social Media rüberbringen können?
Ach ja, hier übrigens ein aus meiner Sicht unschlagbares Argument:
95% der Internetnutzer haben schon einmal ein Emoji genutzt. Jeden Tag werden über 10 Milliarden Emojis verschickt.
Diese im Jahr 2018 veröffentlichten Zahlen – basierend auf einer Studie von Brandwatch – beweisen: Emojis sind die „beliebteste Sprache im Internet“. Aber was heißt das für unsere Kommunikations- und Marketingaktivitäten?
In meinem Beitrag zum Thema Visual Storytelling ging es primär um die Macht der Geschichten und darum, dass wir uns – im Gegensatz zum geschriebenen Wort – bis zu 80 Prozent an das erinnern können, was wir sehen. Übertragen auf die Emoji-Nutzung bedeutet das: Wir können uns die vielen Worte sparen und unsere Unternehmensbotschaften mit passenden Smileys emotionalisieren. Diese Aussage ist allerdings theoretisch zu betrachten und ziemlich heruntergebrochen, denn ganz so einfach ist das Marketing mit Emojis dann doch nicht, wie meine Beispiele im praktischen Teil zeigen werden.
Tipp: Über die historische Entwicklung von den Hieroglyphen der alten Ägypter über japanische Schriftzeichen zu den heute festzustellenden positiven Auswirkungen der Smiling Faces spricht Jenna Schilstra in ihrem TED Talk „In defense of emojis“:
Storytelling mit Emojis: 4 Best-Practice-Beispiele
Mit Emojis kannst Du Deine Unternehmensbotschaft auf kurze und prägnante Weise als Story verpacken, die dem aktuellen Konsumverhalten der Nutzer nach Snackable Content entgegenkommt. Ein weiterer Pluspunkt, den es aus meiner Sicht nicht zu unterschätzen gilt: Emoji-Marketing-Kampagnen sind im Prinzip sprachübergreifend und können (nahezu) allerorts entschlüsselt werden.
McDonalds
Die wohl berühmteste Fast-Food-Kette der Welt greift im Jahr 2015 in ihrer Storytelling-Kampagne Alltagssituationen auf und „erzählt“ den Plot geschickt mit passenden Emojis:
Ein Pärchen geht shoppen. Sie kauft sich sündhaft teure Schuhe. Und bezahlt natürlich mit der gemeinsamen Kreditkarte. Er ist über den hohen Preis mehr als schockiert. Einige Wiederholungen desselben Szenarios verstärken seinen Gemütszustand. Aber Abhilfe naht prompt: Das bekannte Burger-Restaurant ist förmlich die Rettung in der Not und sorgt dafür, dass Frau und Mann am Schluss der Shoppingtour ihre „good times“ bei McDonalds genießen können.
Fazit: Abgetippt klingt die Story banal und langweilig, oder? Auch wenn sich sicherlich schon hier der ein oder andere Nutzer wunderbar in die Protagonisten hineinversetzen kann. Mit Emojis bebildert, wirkt das Szenario (vor allem die mehrfachen Wiederholungen) amüsant und birgt einen kleinen, aber feinen Rätselcharakter: ein versteckter Kunstgriff.
IKEA Emoticons
IKEA denkt in Sachen Emoji Marketing sogar noch größer: In den Niederlade hat der Einrichtungskonzern eigens kreierte Emojis für iOS und Android unter die Leute gebracht. Darunter finden sich zahlreiche markentypische Einrichtungsgegenstände als Symbole. Und die berühmt-berüchtigten Fleischbällchen Köttbullar dürfen hier natürlich auch nicht fehlen.
Fazit: Aus meiner Sicht ein gewiefter Marketingkniff, der zum Ziel hat, Alleinstellungsmerkmale in die Alltagskommunikation der Nutzer miteinzubinden und einen unverwechselbaren Wiedererkennungswert zu erschaffen.
Domino’s Pizza
Für Engagement, Markenbekanntheit und Publicity sorgte der Lieferdienst Domino’s im Mai 2015 mit seiner außergewöhnlichen Twitter-Kampagne in jedem Fall. Amerikanische Nutzer konnten ganz einfach via Pizza-Emoji über das „tweet-to-order“-System bestellen.
Eine Besonderheit: Mit Hilfe von Emoji Art (aus vielen einzelnen Emojis entsteht ein übergeordnetes Gesamtbild – hier ein großes Pizzastück) wird der Post auf Twitter gestreut und unterschwellig für den Lieferdienst geworben.
Fazit: Bei dieser Kampagne ging es Dominos’s aus meiner Sicht vor allem darum, Aufmerksamkeit zu erregen und ein beschäftigtes, jüngeres Publikum anzusprechen. Viralität gab’s hier umsonst obendrauf!
ALDI Nord & ALDI SÜD
Eine Gemeinschaftskampagne von ALDI Nord und ALDI SÜD sorgte erst 2018 für einen aufsehenerregenden Werbegag: Mahlzeiten in Emoji-Form.
Gerichte wie Tortellini, Kuchen oder ein klassisches Omelett werden mit den passenden Zutaten inszeniert und ganz einfach zu den gängigsten Emojis umfunktioniert. Die medienübergreifend angelegte Kampagne wurde nicht nur mit eigens kreierten Slogans (zum Beispiel „Schockierend gute Preise!“) auf Plakatwänden, digitalen Werbeflächen und als Anzeige in verschiedenen Tageszeitungen gezeigt, sondern auch über Social Media ausgespielt.
Fazit: Im Rahmen der Emoji-Kampagne ging es den beiden ALDI-Riesen vor allem darum, eine jüngere Zielgruppe zu erreichen und den Coolness-Faktor anzuheben. Um vorne mitspielen und weiterhin Kunden gewinnen zu können, müssen schließlich auch im verstaubten Discounter-Business über kurz oder lang neue Wege eingeschlagen werden. Und was eignet sich besser dazu als die beliebteste Sprache im Internet?
Emojis richtig einsetzen: 7 Tipps
- Stimme Deine Emojis auf Deine Produkte ab: Hier solltest Du Dir Gedanken machen, welche Emojis Deine Produkte ganz grundsätzlich illustrieren können beziehungsweise prüfen, ob es für Deine Produkte die passenden gibt. Verkaufst Du zum Beispiel Bürobedarf, kannst Du ein Sammelsurium an Emojis auf Social Media nutzen (????, ????, ????, ????, ????, ????, ????). Um herauszufinden, welche Möglichkeiten Du hast, stöbere doch einfach mal auf Emojipedia.
- Mach Dir ein Bild von Deiner Zielgruppe: Entwickle ein Gespür für Deine Zielgruppe und beantworte Dir Fragen wie „Wer sind meine Nutzer?“ und „Wie kommunizieren sie?“. Hier spielt auch das Thema Gender eine wichtige Rolle, denn Männer und Frauen drücken ihre Gefühle online durchaus unterschiedlich aus, wie Brandwatch festgestellt hat. Zumindest auf Twitter gilt der althergebrachte Kodex: Boys don’t cry!
- Emotionalisiere Deine Unternehmensbotschaften: Mit Emojis hast Du die Möglichkeit, Storytelling zu betreiben und (Kurz)Geschichten zu erzählen. Im Beispiel von McDonalds steckt natürlich eine groß angelegte Werbekampagne dahinter. Das bedeutet aber nicht, dass Du für Deine Stories unbedingt viel Budget benötigst. Du kannst Deine Postings auf Facebook, Instagram und Twitter auch einfach mit passenden Emojis ausschmücken oder aber einen Beitrag auch einmal ganz ohne Text und nur mit Emojis für sich stehen lassen.
- Kommuniziere auf persönlicherer Ebene mit Deiner Zielgruppe: Hier geht es um Emotionen und Sympathie. Auf Facebook kannst Du zum Beispiel über den Button „Gefühl/Aktivität“ ausdrücken, wie Du Dich gerade fühlst. Möchtest Du diese Funktion verwenden, kommt es natürlich immer ganz auf das Thema an. Hast Du zum Beispiel eine Auszeichnung bekommen und willst Deine Freude in die Welt hinausschreien, ist es durchaus legitim, sich „dankbar“ oder „fantastisch“ zu fühlen.
- Vermeide Emojis, die zu Fehlinterpretationen führen könnten: In dem Fall ist wahrlich Vorsicht geboten! Es gibt einige Emojis, die missverständlich sind oder aber im allgemeinen Sprachgebrauch eine andere Verwendung finden. Denn jetzt mal ehrlich, wir alle wissen doch, was die Aubergine wirklich bedeutet, oder? ????
- Prüfe die Darstellung Deiner Emojis auf verschiedenen Endgeräten: Apple, Samsung, Microsoft und Co. – die verschiedenen Endgeräte stellen durchaus eine Hürde bei der Nutzung von Emojis dar, denn die Symbole werden nicht selten unterschiedlich angezeigt. Hier rate ich Dir, die Desktop-Ansicht mit der Deines Smartphones zu vergleichen. Dann hast Du zumindest schon einmal zwei mögliche Darstellungsformen im Visier.
- Setze Emojis nicht inflationär in Deinem Social Media Marketing ein: Das ist ja alles gut und schön, aber trotzdem solltest Du den Einsatz von Emojis in Deinem Social Media Marketing gezielt gestalten und nicht übertreiben. Merke: Die verwendeten Emojis sollten immer zum Thema und zu Deiner Marke passen.
Exkurs: Und was sagt der Duden?
Hast Du Dich auch schon oft gefragt, an welcher Stelle im Satz das Emoji korrekterweise seinen Platz hat? Vor oder hinter dem Satzzeichen? Keine Sorge, wir dürfen aufatmen, denn im April 2018 hat sich der Duden als höchste grammatikalische Instanz der deutschen Sprache diesem Fall angenommen.
Eines ist nun – Gott sei Dank! ???? – also klar: Emojis sind bei vollständigen Sätzen nach dem Satzzeichen zu platzieren. Aber wie sieht es mit Emojis aus, die ganze Wörter ersetzen? Das sollte meiner Meinung nach aus grammatikalischer Sicht schon in Ordnung sein, denn hier dürfte ja keine Rivalität zwischen Emoji und Satzzeichen bestehen.
Übrigens: Dass sich mittlerweile auch Wörterbücher mit zeitgemäßen Kommunikationsformen wie Emojis beschäftigen, ist keine Seltenheit mehr. Im Jahr 2015 wurde das Emoji mit den Freudentränen von den britischen Oxford Dictionaries zum „Wort des Jahres“ gewählt.
Exkurs: Emojis in den Google SERPs
Vielleicht sind sie Dir bei einer gestellten Suchanfrage auch schon einmal untergekommen: Emojis in den Google SERPs. Vor zwei Jahren (2017) gab Google die Funktion frei, sowohl in Titel als auch Description mit Emojis zu arbeiten.
Obwohl das Snippet zu der Suchanfrage „barfen tipps“ erst auf Position drei in den Google SERPs steht, fallen Title und Description so stark auf, dass das Suchergebnis von barfen.info zumindest optisch die Konkurrenz aussticht. Emojis werden hier eingesetzt, um Aufmerksamkeit zu erregen und aufzufallen.
Grundsätzlich finden sich Emojis vermehrt in der Description und werden auch häufiger auf dem Desktop als in der mobilen Ansicht angezeigt, wie SISTRIX herausgefunden hat. Das Ergebnis ist im Prinzip nicht verwunderlich, da vor allem in der Description Symbole wie Haken, Pfeile oder aber das Telefon gerne verwendet werden.
Aber auch in diesem Fall gilt der Grundsatz: Die verwendeten Emojis sollten immer zum Thema und zu Deiner Marke passen.
Exkurs: Emojis im E-Mail-Marketing
Auch im E-Mail-Marketing werden Emojis immer öfter in Betreffzeilen, im Absender oder dem Preheader eingesetzt, um in einem überfüllten Postfach herauszustechen und so die Öffnungs- und Klickrate zu erhöhen. Das kann funktionieren, muss aber nicht. Werden Emojis in Werbemails inflationär oder nicht ausreichend themenspezifisch verwendet, kannst Du damit auch genau das Gegenteil bewirken.
Mit einem Augenzwinkern
Ist Emoji Marketing also notwendig oder doch völlig überbewertet? Und braucht die Welt diese Kommunikationsform wirklich auch im Business-Bereich? Ich würde sagen: Ja. Denn wenn wir ehrlich sind, haben sich Emojis schon seit vielen Jahren in unserem Sprachgebrauch etabliert.
Ob der Trend im Allgemeinen zu einer Verrohung der deutschen Sprache und Kultur führt, sei einmal dahingestellt und kann vermutlich nicht so einfach beantwortet werden. Fakt ist jedoch: um in unserem Kommunikationszeitalter mitreden zu können, müssen Unternehmen und Kunde dieselbe Sprache sprechen. Dass der Hype um die kleinen gelben Gesichter aber auch ganz grundsätzlich mit einem Augenzwinkern zu betrachten ist, lässt auf weitere vielversprechende Kampagnen hoffen.
Übrigens: Falls Dir für Dein Social Media Marketing innovative Ideen fehlen und Du dringend neuen Input benötigst, kontaktiere uns unverbindlich!
Bilder: Titelbild: © Seokratie, Bild 2: © gettyimages/Iefym Turkin, Bild 3: © Screenshot Dominos’s Pizza Twitter-Beitrag, Bild 4: © Screenshot ALDI SÜD Facebook-Beitrag, Bild 5: © Screenshot Facebook Business Manager, Bild 6: © Screenshot Duden Twitter-Beitrag, Bild 7: © gettyimages/Ar Ducha Misfa’i, Bild 8 & Bild 9: © Screenshot Google SERPs