Keyword-Kannibalismus: interne Konkurrenz erkennen und beheben
Zwei Landingpages, das gleiche Thema, kein gutes Ranking. Klare Diagnose: Das ist ein Fall von Keyword-Kannibalismus! Doch halt: Stimmt das wirklich? Ich zeige Dir in diesem Blogbeitrag, wie Du erkennst, ob Deine Seite wirklich betroffen ist und wie Du einen individuellen Behandlungsplan entwickelst.
Inhalt
- Was ist Keyword-Kannibalismus?
- Könnte Kannibalismus sein, ist es aber nicht…
- Keyword-Kannibalismus erkennen: Die Diagnose
- Bin ich betroffen? Symptome deuten
- Verdacht auf SEO-Kannibalisierung: So gehst Du vor
- Vor der Behandlung andere Faktoren prüfen
- Wie löse ich Kannibalismus auf? Die Therapie
- SEO-Kannibalismus vorbeugen
- Fazit
Was ist Keyword-Kannibalismus?
Keyword-Kannibalismus bedeutet aus SEO-Sicht folgendes: Zwei oder mehr inhaltlich ähnliche Landingpages einer Domain konkurrieren im Ranking um dasselbe relevante Keyword. Sie stehen sich gegenseitig im Weg und mindern so den Traffic insgesamt.
Wie entsteht Kannibalisierung im SEO?
- „Huch, wir haben ja schon eine Seite dazu.“ (Überoptimierung)
Es gibt keine übergeordnete Planung: Es werden fleißig Inhalte für passende Keywords veröffentlicht – ohne den bereits bestehenden Content zu prüfen. Im schlechtesten Fall gibt es mehrere Seiten, die auf dasselbe Keyword optimiert sind – und sich kannibalisieren. - „Hauptsache gute Inhalte, der Rest ergibt sich.“ (Unteroptimierung)
SEO ist gar kein Thema, es werden gute Inhalte veröffentlicht, ohne auf die Keyword-Ausrichtung zu achten. In diesem Fall sind mehrere Seiten mit einer gleich guten Relevanz vorhanden, was im Kannibalismus mündet. - „Keiner kann jemals all diese Inhalte im Blick behalten.“
Große Domains mit sehr vielen Seiten sind naturgemäß gefährdeter, weil meist viele Beteiligte an der Website arbeiten und man schnell den Überblick verliert.
Könnte Kannibalismus sein, ist es aber nicht…
Welche Bedeutung hat Keyword-Kannibalismus für SEO – ist er ein Problem oder nicht? Ja, ist er. Aber: Nicht jeder Verdacht entpuppt sich als echter Kannibale. Ich zeige Dir an zwei Beispielen, in welchen Fällen Du Dich entspannt zurücklehnen und anderen Problemen zuwenden kannst.
Keyword-Überschneidungen sind nicht behandlungs-bedürftig
Beispiel: Landingpage A hat das Hauptkeyword „Beinbruch“ (Suchvolumen 1.300), Landingpage B hat das Hauptkeyword „Knochenbrüche“ (Suchvolumen 3.600). Beide Seiten ranken in den Top 5 der SERPs mit dem Keyword „Bruch OP“ (Suchvolumen 70)
Entwarnung: Es ist vollkommen normal, dass eine Seite für viele themenrelevante Longtail-Keywords rankt. Wir legen als SEOs zwar Haupt- und Nebenkeywords für eine Landingpage fest – das bedeutet aber nicht, dass Suchmaschinen nur diese Keywords beachten. Und das ist gut so. Denn ehrlich: Wer möchte auf den schönen Longtail-Traffic verzichten? Keyword-Überschneidungen sind in diesem Fall kein Problem.
Eingerückte Suchergebnisse (Indented Search Results)
Beispiel: Zwei Landingpages ranken mit dem Keyword „Bein gebrochen“ (Suchvolumen 880) auf Platz 1 und 2 in den SERPs:
In diesem Fall kannst Du Dich nicht nur entspannen, sondern freuen: Du hast ein Indented Search-Result an Land gezogen. Das bedeutet, dass in den SERPs bis zu drei Snippets derselben Domain untereinander dargestellt werden – leicht eingerückt.
Freuen kannst Du Dich darüber, weil Google die Inhalte Deiner Domain als so relevant bewertet, dass mehrere Inhalte mit ähnlichem Themenbezug in den Genuss eines Rankings kommen. Schöner Nebeneffekt: Zwei Snippets für Deine Inhalte heißt, dass Deine Mitwerber weniger Platz auf der Ergebnisseite haben.
Wenn Du mehr zu Indented Search Results und ihrer Verteilung in den SERPs wissen möchtest, dann lege ich Dir den Blogbeitrag der SEO-Kollegen von MOZ (englischsprachig) ans Herz.
Keyword-Kannibalismus ist kein Duplicate Content!
Duplicate Content ist per Definition gegeben, wenn identische Inhalte auf mehreren URLs derselben Domain zu finden sind.Keyword-Kannibalismus kann Duplicate Content sein, muss es aber nicht. Meistens erkennt Google Duplikate als solche und rankt nur eine der beiden URLs.
Keyword-Kannibalismus erkennen: Die Diagnose
Wann hast Du es mit echten Kannibalen zu tun, die Deiner Domain schaden und Dich um den hart erarbeiteten Traffic bringen?
Keyword-Kannibalisierung schadet, wenn zwei Landingpages mit demselben Hauptkeyword oder Nebenkeyword ranken und dabei den gleichen Suchintent erfüllen. Google kann nicht entscheiden, welche der Seiten für die entsprechende Suchanfrage die höhere Relevanz hat.
Die Folge: Beide Seiten ranken schlecht oder gar nicht, die Nutzersignale werden auf beide Seiten verteilt, der Traffic bleibt aus. Kurz: Dieses Problem solltest Du angehen!
Bin ich betroffen? Symptome deuten
Vorab: Ich rate Dir davon ab, alle Landingpages Deiner Domain ohne konkreten Verdacht auf Keyword-Kannibalismus zu durchforsten. Das könnte eine wochenfüllende Aufgabe werden, je nachdem wie groß Deine Domain ist.
Bei diesen Symptomen solltest Du an Kannibalisierung denken und den Anzeichen auf den Grund gehen:
- Für Dein Keyword ranken zwei URLs dauerhaft jenseits der Top3.
- URL-Wechsel: Für Dein Keyword ranken abwechselnd zwei unterschiedliche URLs.
- Schwankungen: Das Ranking für Dein Keyword schwankt stark und fällt zeitweise aus den Top 100, um dann plötzlich wieder aufzutauchen.
Verdacht auf SEO-Kannibalisierung: So gehst Du vor
Was tust Du am besten bei einem konkreten Verdachtsfall? Du arbeitest Dich in 2 Schritten bis zur Diagnose vor:
1. Site Search für eine erste Einschätzung
Zuallererst prüfst Du via Site Search, welche Ergebnisse Google für Dein Keyword auf Deiner eigenen Domain findet. Dafür gibst Du im Inkognito-Modus Deines Browsers das Keyword ins Suchfeld ein und stellt den Zusatz „site:domain.de“ davor. Damit gibst Du die Anweisung, dass Google ausschließlich Deine eigene Website nach dem Keyword durchsuchen soll.
Voilà!
- Deine Verdachts-Kannibalen sind unter den ersten Treffern,
- die Snippets sind ähnlich,
- die thematische Überschneidung ist gegeben:
Die Site Search kann Dir nur einen ersten Eindruck vermitteln, oftmals ist die Antwort nach dem Check: Könnte Keyword-Kannibalismus sein – oder nicht. Im Beispiel-Screenshot scheinen die ersten beiden Treffer auf Keyword-Kannibalisierung hinzuweisen. Hinweise sind aber keine Beweise, deswegen geht’s jetzt ins Detail.
Sistrix und Semrush listen Dir URL-Wechsel und Mehrfachrankings übersichtlich auf und haben eine Funktion, die Dir Kannibalismus anzeigt.
Du solltest immer in die Einzelfall-Analyse gehen und die Tool-Daten lediglich als Hinweise betrachten – die Du bewertest und hinterfragst.
2. Keyword-Kannibalismus in der Google Search Console analysieren
Prüfe in der Google Search Console, welche URLs für Dein Keyword ranken. Wichtig ist hier, dass Du nicht ausschließlich auf das Ranking schaust, sondern auch auf die Klicks und Impressionen.
Wenn sich die Werte beider URLs für
- Ranking,
- Impressionen und
- Klicks
nur gering unterscheiden, liegt Kannibalisierung vor.
Hat eine der Seiten viel weniger Impressionen und Klicks besteht kein akuter Handlungsbedarf:
Vergleiche beide URLs direkt im Zeitverlauf. Wechseln sie sich im Ranking ab und/oder schwanken stark? Dann kann sich Google nicht entscheiden, welche Landingpage relevant für die Suchanfrage ist. Deswegen rankt mal die eine und mal die andere URL:
Ein anderes Bild, dass auf Keyword-Kannibalismus hinweist: Die Graphen für das Ranking der konkurrierenden URLs verlaufen parallel auf einem schlechten Positionsniveau (jenseits der Top 3).
Vor der Behandlung andere Faktoren prüfen
Durch die Google Search Console Analyse und die Site Search hast Du Deinen Beweis, kannst zur Tat schreiten und die Therapie einleiten. Los geht’s! Aber Moment, nicht so schnell: Bevor Du Maßnahmen ergreifst, prüfe Deine Inhalte ganz genau.
Organischer Traffic und Nutzersignale
Auch wenn Deine beiden Kannibalen Dir aus SEO-Sicht schaden, vielleicht sind diese Seiten für andere Bereiche relevant? Prüfe, ob Traffic aus anderen Quellen vorhanden ist – zum Beispiel über Social-Kanäle. Dabei solltest Du Dich bei der Betrachtung nicht nur auf die reinen Besuche und Conversions beschränken, sondern auch Nutzersignale wie Absprungrate, Verweildauer und CTR einbeziehen.
Suchintent
Ist er für beide Seiten wirklich gleich? Inwieweit erfüllen Deine Inhalte den Suchintent umfänglich? Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich: Analysiere, welche Konkurrenzseiten für Dein Keyword in den Top 5 ranken und welche inhaltlichen Aspekte Deine Mitbewerber abdecken.
Nach dieser Analyse hast Du ein detailliertes Bild zu folgenden Punkten:
- Welche Inhalte, Fragestellungen und Formate erwartet der Nutzer bei der Suche?
- Welcher Deiner Kannibalen erfüllt diese besser und hat in der Gesamtschau aktuell die besseren Ergebnisse (Traffic, Nutzersignale, …)?
Ergebnis: Du weißt genau, welche Deiner Seiten für das Keyword die größere Relevanz hat. Jetzt geht’s daran, den Keyword-Kannibalismus aufzulösen.
Wie löse ich Kannibalismus auf? Die Therapie
Je nach Ergebnis Deiner Untersuchung hast Du die Wahl zwischen mehreren 4 verschiedene Behandlungsmöglichkeiten:
1. Die Seite mit der schlechteren Performance löschen und sie via 301 weiterleiten.
Ein Beispiel: Du hast zum Keyword „Kieferbruch“ zwei Kannibalen-URLs. Seite A ist lediglich eine aktualisierte Version von Seite B mit einem neuen Bild und anderem Einleitungstext. Ansonsten bietet sie keinen Mehrwert oder Potenzial. Du kannst die schlechtere Seite löschen. Niemand wird sie vermissen.
2. Den Keywordfokus den Seiten differenzieren.
Ein Beispiel: Die beiden Kieferbruch-Landingpages haben zwar inhaltliche Überschneidungen, Du stellst aber anhand der SERPs fest: „Kieferbruch operieren“ ist ein inhaltlicher Aspekt, für den sich eine eigene Landingpage lohnt. Damit haben beiden Kannibalen ihren jeweils einzigartigen Keywordfokus. Du optimierst beiden Seiten auf ihr Hauptkeyword und hast jetzt die Chance mit beiden ein gutes Ranking zu bekommen.
3. NoIndex-Tag
Eine Seite von der Indexierung ausschließen sollte nur dann Dein Weg sein, wenn der überflüssige Kannibale unbedingt bleiben muss und nicht gelöscht oder verändert werden darf. Zum Beispiel aus firmeninternen Gründen.
3. Canonical setzen
Auch diese Lösung solltest Du sehr vorsichtig abwägen, denn der Canonical-Tag eignet sich zum einen nur für fast identische Seiten (Und warum solltest Du zwei fast identische Seiten behalten wollen?) und ist zum anderen lediglich eine Empfehlung für Google.
Überprüfe die internen Verlinkungen und stelle sicher, dass andere Inhalte mit dem richtigen Ankertext auf die richtige Landingpage verweisen.
SEO-Kannibalismus vorbeugen
Vorbeugen ist besser als behandeln, richtig? So kannst Du Keyword-Kannibalisierung vermeiden:
- Arbeite mit einer Keyword Map.
Das Risiko der Kannibalisierung minimierst Du, wenn Du jeder relevanten URL ein eigenes Keyword-Set zuordnest. So vermeidest Du, dass Hauptkeywords mehrfach verwendet werden. Wie Du dabei am besten vorgehst, erklärt die meine SEO-Kollegin Nora im Video:
- Prüfe Deinen Content und räum auf.
Viele Jahre, jede Menge Inhalte. Welche davon funktionieren? Welche sind überflüssig oder gar schädlich? Wie Du Deine Inhalte auf Herz und Nieren prüfst, liest Du im Blogbeitrag meines Kollegen Simon „Content Audit – So analysierst Du Deine Inhalte auf Qualität“.
Fazit
Leider gibt es kein Schema F, das Du bei Diagnose und Behandlung von Keyword-Kannibalismus anwenden kannst. Ein kleiner Trost: Deine Rankings sind mit der Kombination aus Tool-Daten und Deiner Urteilskraft sicher heilbar.
Für Risiken und Nebenwirkungen wende Dich nicht an einen Apotheker, sondern gern an uns. Wir unterstützen Dich gern bei der Therapiewahl.
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