Webprojekte kaufen: Internetseiten als Geldanlage
Es liegt nahe, dass man nicht immer eine neue Webseite erstellen und mit Backlinks versorgen muss, sondern auch mal ganze Webprojekte kaufen kann. Ich habe das schon relativ oft getan und bin insgesamt gut damit gefahren. Interessant finde ich, wie wenige Leute bisher in Deutschland dieses Modell kennen.
Warum kauft man Webprojekte?
Mal abgesehen von den „Riesen-Exits“ so mancher Startups kann man auch kleinere Webseiten kaufen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Man bekommt ein Projekt mit existierenden Besucherzahlen und – idealerweise – auch monatlichen Einnahmen. Zudem kann man mit gut gerankten Projekten seine anderen Webseiten auch stärken, indem man Links von ihnen hergibt. Als Investment kann man die Ganze Sache natürlich auch sehen. Hier gibt es zwei Dinge zu beachten: Zum einen natürlich das stumpfe Rechnen, „Wie lange muss ich Einnahmen generieren, bis das Projekt wieder den Einkaufspreis reingespielt hat“ und zum anderen sollte man auch das potenzielle Wachstum im Auge haben. So gibt es viele Projekte, die ohne SEO bereits gute Positionen haben – Wie sieht das erst aus, wenn man aktives SEO betreibt?
Was kosten Projekte?
Puh, also da gibt es eine unglaubliche Fülle von Faktoren. Ich versuche einmal einige aufzuzählen, die für mich persönlich in den Ver- oder Einkaufspreis mit einfliessen:
- Besucherzahlen: Hier kann man grob auf die zu erwartenden Einnahmen rückrechnen. Natürlich sollte man dabei berücksichtigen, dass Besucher im Finanzbereich weit mehr wert sind als im „Gratis-Wallpaper“-Bereich
- Einnahmen: Es ist natürlich ideal, wenn man die Einnahmen bereits kennt. Noch besser ist es, wenn man weiß, wie man selbst die Einnahmen steigern kann. Viele Projekte sind auch einnahmemäßig schlecht ausgerüstet. Das reicht von schlechter Anzeigenplatzierung bis hin zu falschen Partnerprogrammen.
- Backlinks und Rankings: Hier gilt allergrößte Vorsicht! Manche Projekte ranken nur aufgrund von Links anderer Projekte des gleichen Webmasters. Wird das Projekt dann verkauft, fallen die Links weg und das Ranking ist dahin. Noch dreister kann es passieren, dass Projekte aufgrund gekaufter Links ranken – die fallen dann bei Verkauf natürlich auch weg. Auch ohne diese Sachen sollte man natürlich gucken, wie stabil die Rankings sind. Ging es im letzten Jahr auf und ab, war das Projekt stabil oder ist es gar gewachsen?
- Trafficquellen: Viele Projekte beziehen ihren Traffic nicht von Google, sondern von Referrern und / oder Adwords. Bricht dieser Referrertraffic weg, dann war es das auch mit den hohen Besucherzahlen. Im Zweifelsfall nachfragen!
- Inhalte / Aufwand: Wie viel Content hat das Projekt? Handelt es sich um ein paar Seiten oder ist es ein Newsportal mit 1.000 Artikeln? Wichtig für die meisten Käufer ist auch der Aufwand, den man hineinstecken muss: Ein statisches Projekt bedeutet fast keinen Aufwand, bei einem Newsprojekt muss man Artikel schreiben (lassen). Am schlimmsten sind Communities, die man je nach Größe auch überwachen muss: Das drückt den Verkaufspreis oft enorm. Auch bestehende Shops (mit Artikeln) werden meist eher schlecht verkauft – denn kaum jemand hat Lust auf ein Lager und Produkte verschicken, wenn er das nicht sowieso schon macht.
- Keyword-Domain: Viele Projekte sind nicht aufgrund des Projektes teuer, sondern weil sie zusätzlich noch auf einer Keyword-Domain laufen, die per se schon mal einiges kosten kann.
- Zukunft: Was macht das Projekt schätzungsweise in einem Jahr? Ein Beispiel wären Projekte über DVDs oder die Finanzkrise: Diese Sachen sind jetzt vielleicht noch aktuell, aber in 3,4,5 Jahren kräht kein Hahn mehr danach.
- Thema: Das Thema ist natürlich insgesamt auch super-wichtig: Geht es um Kaninchenzüchten oder um Forex? Interessant ist auch der eventuelle Wiederverkaufswert: Wo kein Markt vorhanden ist, bleibt man auf dem Projekt sitzen.
- Ehrlichkeit: Sehr oft sind die Angaben bezüglich Traffic oder Einnahmen schlichtweg übertrieben. Lasst euch auf jeden Fall Statistiken zeigen, bevor ihr kauft!
Die alte Formel „Einnahmen mal 24, 36 oder 48“ kann man nur in den seltensten Fällen anwenden.
Käufer und Verkäufer
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Preise gerade weil jeder unterschiedliche Kriterien hat, oft unglaublich weit auseinanderliegen. Das Wichtigste beim Verkauf ist: Realistisch bleiben. Nach dem Motto „Vielleicht ist der Kerl so dumm und zahlt mir 20.000 € für das Projekt“ wird man niemals erfolgreich verkaufen. Genauso ist es umgekehrt: Schnäppchen kann man manchmal machen, aber für ein Projekt mit 1000 Besuchern pro Tag im Finanzbereich 500 Euro auszugeben, kann man auch vergessen.
Geldanlage
Zunächst einmal Klartext: Eine sichere Geldanlage sind Internetprojekte keineswegs. Niemand weiß, was in 5 Jahren im Internet los sein wird. Daher lohnt es sich vor allem, kurzfristig zu investieren und möglichst viel zu streuen: Lieber 10 kleinere Investitionen als eine Große. Als Laie kann man ein Webprojekt als Geldanlage sowieso komplett vergessen: Hier gibt es einfach zu viele Faktoren, die man nur mit Fachwissen gut beurteilen kann.
Renditen bis zu 50 % p.a. sind allerdings keine Seltenheit, wenn man das nötige Know-How (und ein bisschen Glück) hat. Trotzdem sollte man natürlich nicht sein gesamtes Geld in solche Investments stecken (= 1×1 der Geldanlagen), sondern nur etwa 10-30 % seines Kapitals daraufhin anlegen. Hohe Rendite = Hohes Risiko ist eine Grundformel, von der auch das Internet keine Ausnahme macht.
Wo kauft man Webprojekte?
In Deutschland gibt es nur www.Sedo.de als akzeptable Domainbörse. Akzeptabel deshalb, weil dort genügend Projekte zur Auswahl stehen. Allerdings sind die Sortierungsfunktionen völlig veraltet: Angaben zu Einnahmen werden ebensowenig gemacht, wie andere wichtige Faktoren. Die Besucherzahlen werden nur getrackt, wenn man den Sedo-Verkaufsbanner sichtbar auf seiner Seite integriert. Man kann den Traffic natürlich auch per Mail schicken – aber wer macht das? Gerade größere Projekte wollen ungern den Banner auf ihrer Webseite haben, gerade weil man ja nicht nach zwei Tagen verkauft, sondern oft lange warten muss bis sich ein Käufer findet. Und viel wichtiger: Wer glaubt diesem Traffic, wenn man nicht direkt sehen kann, woher die Besucher kommen? Das liegt natürlich auch daran, dass Sedo sich anscheinend als reine Domainbörse versteht und von Projektverkauf eher weniger wissen will. Hier wäre allerdings großes Potenzial vorhanden.
Der direkte Weg zum Kauf hat meist keinen Erfolg: Wenn man Webmaster anschreibt, ob sie ihr Projekt verkaufen wollen, bekommt man eigentlich immer ein forsches „Nein“ oder einen Wucherpreis serviert.
In den USA gibt es die Verkaufsbörse www.Flippa.com, die mir von der Webseite her viel besser gefällt. Großes Manko: Es werden zwar oft detaillierte Statistiken zu Besuchern & Einnahmen gegeben, die aber in sehr vielen (!) Fällen einfach gelogen sind. Hier sollte man wirklich drei Mal hinsehen, bevor man ein Gebot abgibt – nirgends ist es so unsicher Projekte zu kaufen, als im internationalen Bereich. Dafür sind die Preise deutlich niedriger als in Deutschland: Mehr Rendite, mehr Risiko also.
Zu guter Letzt: Wer seine Webseite verkaufen möchte (mit Einnahmen & Rankings, sowie Verkaufspreis), der darf sich übrigens gerne bei mir melden! 😉
Bild: Icanhascheezburger.com